Es gibt einige Begebenheiten im Leben einer Katze, die ihren Tagesrhythmus gehörig durcheinanderbringen. Wie etwa das Anlegen eines Zeckenbandes oder das Auftauchen einer neuen Mietze in der Straße, beides komplett unnötig!
Aber da wäre noch etwas:
Meist kündigt es sich bereits am Vorabend des Ereignisses an.
Meine seltsame Mitbewohnerin legt dann den Kopf schief, seufzt und meint schließlich: “Felice, irgendwie sieht’s hier komisch aus, ich denke es wird Zeit für einen. . .”. Und dann sagt sie es, während ich langsam in Deckung gehe. . . “PUTZTAG!”
Mir genügt ja schon das „z“ im Wort, es klingt wie „Zähneknirschen“, oder wie “Zittern”, oder wie “Zeig mir den Fluchtweg, aber zzzackig!”
Putztag ist eines der entbehrlichsten Dinge, die es überhaupt gibt. Noch vor Diätnahrung und Tierarztbesuch. Und man weiß nie, wo Putztag beginnt. In der Küche, im Klo, im Stiegenhaus?
Jüngst fand das Intro im Schlafzimmer statt.
Ich schlummerte morgens noch fröhlich dösig vor mich hin, als ein schreckliches Geräusch, wie der Urknall aller Dinge, mich aufschreckte, gefolgt von “Schssuhhhhhhhhuhhhhhhhhuuuuhh”, dem kreischenden Ruf des Staubsaugers. Mit einem Sprung segelte ich über das Monstrum hinweg und hatte nun die Wahl, wie ein streunendes Rattenkind meinen Tag draußen im Freien zu verbringen oder verschreckt und verängstigt wie ein Maulwurf ein sicheres Eck unter dem Bett zu suchen. Ich wählte einen Kompromiss, trat kurz ins Freie, wurde nass wie ein Wischmobb, weil es regnete, und sprang schließlich wie ein nasses dürres Rattenkind zurück in die Wohnung, wo ich mich wie ein verschreckter Maulwurf im Bad verkroch. Dumme Idee, denn auch die Waschmaschine hatte Putztag, und wenn die auf Touren kommt, macht sie “Krschhschschschschchuhuhuhuhu” gefolgt von “Kawummms”! Und sie bewegt sich auch noch! Meist auf mich zu. Ich hab Angst vor ihr, nein, ich hasse sie, und ich hasse Putztag!
Ich wechselte das Zimmer, indem ich durch die Küche ins Wohnzimmer wetzte. Blöd nur, dass ich übersehen hatte, dass der Boden dort bereits „geputztagt“ worden, und daher dermaßen rutschig war, dass ich es in der Eile nicht mehr um die Kurve schaffte, sondern recht plump und lächerlich gegen den Türpfosten donnerte. Da ich in den wenigen Sekunden im Freien offensichtlich in einen Erdklumpen getreten war, hinterließ ich demnach wunderschöne Schmierspuren, die sehr kreativ aussahen, wie ich fand. Dann hörte ich: “Neiiien!! Feliiiiiiice, nicht durch die Küche!!!!”.
Die künstlerische Ader meiner Mitbewohnerin ist enden wollend.
Na toll, wo sollte ich denn hin? Putztag lauerte überall. Man war nirgendwo sicher. Die Klomuschel war voll von grünem, ätzend riechendem Schleim, der Vorraum bildete einen Hindernislauf aus Kübeln, Besen, Bürsten und meiner Mitbewohnerin, der ich am Putztag am besten nie unter die Augen komme. Es war wie russisches Roulette, bei dem kein einziger Schuss kein Treffer war, die Gefahr quetschte sich aus allen Poren der Wohnung. Schließlich suchte ich bei Jimmy von Gegenüber Schutz vor Regen und Traufe.
Jimmy sah das ganz cool. Er meinte, wenn seine Mitbewohnerin Putztag hatte, war das meist das Finale einer stressreichen nervigen Zeit, die sich dann an diesem Tag entlade. Danach war sie wieder ganz entspannt und für einige Zeit streichelweich. Ich überlegte: Offensichtlich war Putztag also kein Akt der Sauberkeit an sich, sondern der Psychohygiene für die menschlichen Weibchen. Ich beschloss, das zu beobachten. Ich wartete noch einige Zeit und schlich dann zurück in die Wohnung. Und tatsächlich, meine Mitbewohnerin saß ruhig und gelassen am Küchentisch und las in der Zeitung. Aller Unrat war beseitigt. Kein „Schssuhhhhuuhhhhu“ oder “Kawummms” war mehr zu hören. Ich freute mich, die Gefahr war vorüber. Doch dann sah mich meine Mitbewohnerin skeptisch an, legte den Kopf schief, seufzte und meinte: “Felice, irgendwie siehst du komisch aus. . .”
Die Katzenstories sind zwischen 2012 und 2016 im Magazin all4pets als regelmäßige Kolumnen unter dem Titel “Felices Tagebuch” – Katzenjammer erschienen. Link zum Magazin:
