Katzenbesitzer haben viele Gemeinsamkeiten. Sie teilen Freud und Leid, kaufen Unmengen an Katzenfutter, Streu und Kleiderroller. Sie kennen sämtliche Untertöne der „Miaus“, wissen die Farbtöne der Katzenhäufchen zu deuten und haben die Telefonnummern aller Tierärzte im Umkreis von 20 km eingespeichert.
Und dann wäre da noch die Sache mit den Mäusen.
Vor vielen Jahren, als unsere etwas saturierte Felice, die NIEMALS Mäuse fing, beschlossen hatte, Kinder zu bekommen, blieb eines davon bei uns hängen, sozusagen das Muttersöhnchen unter den Bälgern, der Kater Scotty. Er wiederum liebte es, alles, was ihm begegnete, zu fangen, zu killen und uns dann stolz zu präsentieren. Dann knackte und krachte es recht unappetitlich. Solange, bis er das ganze Bündel fertiggejausnet hatte. Mir taten die kleinen Dinger immer unendlich leid! Warum immer gleich killen? Man konnte doch koexistieren, oder?
Aber einmal brachte er uns von draußen ein graues, kleines, nasses Wesen, ließ es fatalerweise kurz aus dem Maul, und schon war die Maus hinter einem Holzregal verschwunden. Ich witterte meine Chance! Ganz robinhoodig sperrte ich Scotty aus dem Zimmer und machte mich auf die Suche nach dem piepsigen Ding. Mein Mann blickte skeptisch.
Dummerweise war die Maus etwas, hm, wie soll ich sagen, dumm? Sie verstand nicht, dass ich sie retten, dass ich ihr die Freiheit bieten konnte, sie vor dem grausigen Tod durch Zermalmen bewahren konnte. Nein, sie hockte verängstigt in einem Eck und kam nicht hervor. Zunächst versuchte ich es in alter Spinnenfangmanier und holte ein Glas, um es über sie zu stülpen. Aber Mäuse sind keine Achtbeiner und auch viel sperriger, daher war nie genug Platz für die Maus, das Glas und meine Hand. Irgendwann huschte sie quer über den Parkettboden, ich hinterher, um sie mit einem Tuch zu fangen, aber sie hüpfte aufs unterste Brett des Bücherregals. Stück für Stück schob ich Tolstoi, Hesse und Shakespeare zur Seite (Konsalik und Rosamunde Pilcher lasse ich hier unerwähnt).
Eine halbe Stunde muss vergangen sein. Plötzlich sprang sie aus dem Regal, direkt auf meine Hose. Ich erschrak. Da kroch sie blitzschnell unter den Stoff an meinem Wadel entlang. Ich schrie auf, riss mir die Hose von den Beinen und sprang auf einen Sessel. Ich sah nur mehr, wie ein grauer Punkt hinter dem Wandschrank verschwand.
Blass und mit Grabesstimme sagte ich zu meinem Mann: „Hol den Kater!“
Scotty hatte die Maus in Sekundenschnelle aus ihrem Versteck geholt. Er trug sie in seinem Maul aus dem Zimmer. Draußen knackte und krachte es.
Kleinlaut sagte ich: „Ich hab‘s versucht!“
Lieb, aber mir schien, einen Deut zu jovial, legte mein Mann seinen Arm tröstend um mich und meinte: „Tja, wie schnell der Mensch zum Menschen werden kann, wenn‘s um Tiere geht.“