Jedem Katzenbesitzer stellt sich früher oder später die Frage, will ich oder will ich nicht? Will ich einen etwa dreißig bis vierzig Zentimeter großen, haarigen Lamborghini in der Wohnung haben, der flach über den Fußboden wetzt und verstörende, herzzerfetzende Laute aus der Tiefe seiner Motorhaube von sich gibt, oder nicht? In jedem Fall sollte man sich bewusst machen: Wer sich kleine wollige Babykätzchen wünscht, muss zuvor ein großes rolliges Ungetüm ertragen.
Als meine Katze Felice erstmals in die Sturm und Drang Phase eintrat, hätte sie als Mensch wahrscheinlich Songs geschrieben oder Gedichte verfasst.
Als hormonell aufgeputschte Katze jedoch gab sie mir unmissverständlich zu verstehen, dass sie nun nicht mehr die süße Kleine war, sondern der scharfe Zahn, der sich in der Nachbarschaft mal umsehen möchte, und das tat sie dann durchaus unübersehbar. Und unüberhörbar. Während 90 Prozent ihres Körpers flach wie ein Rochen am Boden klebten, erhob sich ihr Schweif. Ich ahnte Schlimmes. Und dann kam das Geröhre. Gefühlte tausend Dezibel, die schließlich nur durch den Beischlaf des roten Nachbarskaters gedämpft wurden. Tatsächlich gab es dann auch noch den schwarz-weißen Kater, beide bemühten sich um sie. Erfolgreich. Aber diesen Anfall von Promiskuität möchte ich ihr in dieser Not wirklich nachsehen.
Und dann war es plötzlich vorbei. Satt und zufrieden wurde Felice wieder die schöne, graue, ruhige und faule Katze, die ich kannte. Und ein bisschen fett. Nicht grundlos, wie mein Mann und ich bald feststellten.
Als wir Wochen später beim Tierarzt saßen, nach notwendigem Kaiserschnitt und damit verbundener Sterilisation, kam die Assistentin nach langem Warten ins Zimmer und legte uns beiden je zwei schmale, kaum behaarte Dinger in die Hand. Waren es Vogelbabys? Kleine Mäuse? Zusammengeknüllte nasse Taschentücher? Wir sollten sie streicheln, und wärmen und streicheln, und wärmen, bis…
Irgendwann begannen sich diese Wesen leicht zu regen. Sie lebten tatsächlich! Vier kleine, unfassbar liebe, unterschiedlich gefärbte, langsam warm werdende Häufchen. Es war schon ein wenig surreal, ein Tier in die Welt zu streicheln.
Danach ging alles bald seinen gewohnten Gang, die süßen Fellknäuel wurden größer, fanden schließlich ein neues Zuhause und Felice war wieder ganz die Alte. Der röhrende Lamborghini war zum leise schnurrenden Elektroauto geworden.
Nur als ihr im folgenden Frühling der rote Kater unter dem Fenster klagend seine Aufwartung machte, kostete sie das lediglich ein müdes Ohrenzucken, als wollte sie sagen:
„Liebeskummer lohnt sich nicht, my darling.“